Fährt man mit der Bahn von Halle nach Magdeburg, so kommt man kurz hinter dem Bahnhof Schönebeck an zwei größeren Industrie-Objekten vorbei. Ex handelt sich um den VEB Prowiko Agrochemie und VEB Heizkesselwerke Schönebeck.
Markant am Gelände der Prowiko war das Laborhochhaus mit der angefügten Produktionshalle, beides direkt neben der Bahn, mittlerweile vollständig abgerissen. An Rechentechnik waren im Jahre 1996 nur noch stark verrostete Tischrechner vom Typ ELKA zu finden. Dank einiger cleverer Mitmenschen, die der Meinung waren, man musste mal alle herumstehenden Chemikalien vermischen, bekam man im Gebäude nach einiger Zeit starke Kopfschmerzen. Ganz nebenbei war es ziemlich schade um die Laborausrüstung und die Chemikalien. Es gibt Schulen in diesem Land, die können keine Experimente zeigen, weil keine Mittel für Chemikalien da sind.
Das Heizkesselwerk steht in Form einiger an Stalingrad erinnernder Ruinen noch immer. Es ist mehrere hundert Meter lang, zwischen Paulstr. und Bahn. Zum Werk gehört ein mehrgeschossiger moderner Bürobau in grün, welcher durch einen Glasdurchgang mit dem Hauptteil des Betriebes verbunden ist. Als wir uns dort erstmal umsahen, war das Werk weitestgehend geräumt und es zeigten sich bereits erhebliche Vandalismus-Schäden.
Im Kellergeschoss des Neubaus waren an Gasbrennern der Heizzentrale große graue Kästen eingebaut, welche an beiden Seiten viele Kabel hatten und in der Mitte einen Stecker, der zu einem weißen Bedienteil mit 7-Segment-Anzeige ging. Es handelte sich um Heizungssteuerrechner der VEM auf Basis eines Einchipmikrorechners U8820D. Im Sommer 2005 sahen wir, dass man dank der Buntmetallmafia nichtmal mehr die Stelle erkennt, wo die Geräte einst hingen.
Die wenigen Reste, die man noch finden konnte, zeugten davon, dass das Werk mittelmäßig mit Rechentechnik ausgestattet gewesen sein dürfte. Vor allem im Bereich der Verwaltung und Entwicklung, weniger in der Produktion fanden sich Geräte und -teile. Neben einem Computer EAW P8000 samt Winchestergerät und einem A7100 lagen in den Büros, die 1996 noch halbwegs ordentlich aussahen, eine westdeutsche Frankiermaschine, eine HYCOM von SIEMENS und zwei Analysegeräte unbekannter Art aus USA-Produktion. Das Labor war von allen Betriebsteilen am besten erhalten, hier fanden sich Uniteststreifen, Reagenzgläser und sehr viele Glasgeräte.
In der Produktion herrschten drahtprogrammierte und NC-Maschinen oder manuelle Geräte vor. Es gab ein automatisches Lager mit drei Förderwagen, gesteuert von einer Maschinensteuerung S2000. Im Gebäude der MSR-Werkstatt führte eine ganz schmale, unscheinbare Treppe in den fensterlosen Spitzboden, wo man bei hochsommerlichen Außentemperaturen nach spätestens fünf Minuten kaum noch Luft bekam. Erschwerend kam der über Jahre abgesetzte Staub vom Gießereibetrieb hinzu, der sich dort überall fand -> alles war schwarz.
Unter dem Staub lagen Inbetriebnahmegeräte für NC-Maschinen und zwei robotron K1003 Kleinrechner.
Ca. 1998 wurde ein Großteil der Bebauung durch einen Großbrand vernichtet. Einige Gebäude standen im Sommer 2005 allerdings noch. Sie waren allesamt stark zerstört und weitestgehend ausgeräumt. Der Neubau, Die Halle zur Paulstraße hin und der Ziegelbau, in dem Verwaltung und Labor saß. Im hinteren Teil steht noch das Gebäude der Verdichteranlage und die MSR-Werkstatt.
Die Spurensuche gestaltete sich schwierig. Das Dach der MSR-Werkstatt war stark zerstört und der Boden außer die Scherben der Quecksilberhochdrucklampen wie leergefegt. An der Stelle, wo einst in einer Produktionshalle eine zweite Ebene mit Büros eingebaut war, und wo seinerzeit ein Bürocomputer A7100 lag, den üblerweise jemand mit Kacke eingeschmiert hatte, lag jetzt zwischen den Trümmern der Hallenkonstruktion unter freiem Himmel nur noch eine Seitenblende des Rechners.
Bilder vom Heizkesselwerk Schönebeck