Von den Leuten von der UFA, die wir beim Filmdreh zu "Die Frau vom Checkpoint Charlie" in Leipzig kennenlernten, bekamen wir den Kontakt zu der Abrissfirma vermittelt, die in Berlin den Rückbau des ehemaligen VEB NILES Werkzeugmaschinenkombinat realisiert. Die Filmleute hatte als Requisiten aus der Rechenstation von NILES einiges an großer Technik weggeschleppt, das teilweise im Film nicht gezeigt wurde und das durch beherzte Hobbykollegen nach dem Dreh kurzfristig vor der Verschrottung bewahrt werden konnte.
Die UFA hatte Anfang 2006 folgende Technik abgeholt:
Sie meinten zu uns, dass der Rest des Rechners bereits gefehlt hatte und dort nur noch Kleinkram zu finden sei.
Bedingt durch mein Studium und die Ausbildung/Arbeit der Anderen und weil die Leute dort vor Ort nur wochentags erreichbar waren, kamen wir erst Anfang November dazu, nach Berlin zu fahren und zu schauen, was denn nun wirklich noch übrig ist. Das Ergebnis ähnelte etwas bereits gemachten - wir kamen zu spät. Acht Wochen zuvor waren die (laut den Abrissarbeitern proppe vollen) Räume der Rechenstation bis auf wenige recht schwere Geräte ausgeräumt worden -> es war schwer, ruhig zu bleiben...
Was wir fanden war:
In einem anderen Raum lag ein ganzer Berg DFÜ-Einheiten K8172. Wir hatten nur einen Pkw mit und da es Freitag war, war unsere Zeit dort begrenzt. Im Rechnerraum haben wir erstmal ein paar Fotos gemacht, drei Disketten zusammengesammelt, einige Leiterkarten (vermutlich K1510) sowie die letzten vier Kassettenplatten und einen polnischen Lochbandleser CT2100 mitgenommen. Aus dem einen Plattenturm haben wir ein Laufwerk ausgebaut und mit eingepackt. Wieder einmal zeigte sich das wahre Gewicht altgedienter Mikroelektronik!
Zuhause angekommen begann das Rätseln, wie man den Rest der Technik retten könnte. Vor Ort sagte man uns, dass am folgenden Montag bereits die Entkernung des Rechnerraumes beginnen sollte. Viele und lange nächtliche Gespräche mit Rüdiger, Marcel und einigen anderen Kollegen ließen die ersten wagen Hoffnungen keimen. Dienstag verdichtete sich der Entschluss, am Freitag den 17.11.06 nochmal nach Berlin zu fahren, um Technik zu bergen. Das Erste, was wir taten, war, dass Ronny gleich früh bei der Abrissfirma anrief und sie bat, ihre Äxte und Brechstangen erstmal wieder einzustecken. Die Galgenfrist lief bis Freitag 17:00. Durch einen Aufruf im robotrontechnik-Forum meldete sich Stefan kurzfristig, um am Donnerstag und Freitag vor Ort die Technik zu sichern und die Demontage der Rechnerkomponenten durchzuführen. Er bekam alle nötigen Kontaktdaten, Fotos und eine kurze Beschreibung der durchzuführenden Arbeitsschritte.
Nun bahnte sich das nächste Problem an. Von den normalerweise verfügbaren Transportern bei Bekannten waren so kurzfristig keiner zu kriegen, da sie die Fahrzeuge selbst brauchten. Marcel aus Plauen, welcher zu dieser Zeit Urlaub hatte und stark an einem Berlin-Besuch dachte, hatte auch keinen Transporter bei der Hand. Ich startete einen weiteren Aufruf im Forum, der aber unbeantwortet blieb. Am Mittwoch in der Uni klingelte alle 10 Minuten mein Telefon und langsam entwickelte sich die Abwicklung der Logistik unseres kleinen Projektes zu einem Fulltime-Job. Am Mittwoch Abend erreichte mich ein Anruf von einem Freund, dem es gelungen war, von einem Bekannten in Könnern für 60,- einen geräumigen Transporter für den gesamten Freitag auszuleihen. Sofort gab ich an alle ringsherum die Nachricht weiter und grünes Licht für den Zeitplan der Aktion. (Ich stand kurz davor, einen Transporter zu mieten bis AVIS oder so).
Der Plan (Bis Donnerstag 18:00): Stefan und Kai (aus Naumburg, der schon in Schönebeck und Thierbach tatkräftig dabei war) treffen sich Donnerstag gegen 9 am Bahnhof Alexanderplatz und fahren via öPNV zu NILES, um die Maschinen zu demontieren, für den Transport vorzubereiten und ggf. schon was runter in die Halle zu tragen. Freitag soll's weitergehen. Ronny steht Freitag früh mitten in der Nacht auf und fährt zu mir, worauf wir nach Könnern fahren um von meinem Freund den Transporter zu übernehmen (bis 05:30, da der dann auf Arbeit fahren muss). Wir fahren mit dem Transporter nach Berlin, wo wir spätestens um 9 aufschlagen sollten. Das Zeitfenster für die folgenden Restdemontage- und Verladearbeiten beträgt 8h. Danach geht's zurück nach Halle, wo ein Teil der Technik ausgeladen wird. Der Rest (vorrangig die sperrigen Teile) dürfen bei Gerhard in den Räumen der "Sachzeugen der Chemischen Industrie" untergestellt werden. Danach müssen wir nur nach tanken und den Transporter zurück nach Könnern bringen...
Donnerstag Abend bekam ich einen Anruf, dass der Transporter doch nicht frei ist und die sich geirrt hatten, als sie ihn mir zusagten. Der Anruf kam zu spät, um bei AVIS oder so noch einen Transporter zu mieten... Das Rumtelefonieren half auch nichts mehr. Aus Berlin hörte ich, dass die beiden dort die gesamte Technik transportfähig zerlegt hatten. Allein wegen der Arbeit, den sich die beiden gemacht hatten, mussten wir eine Lösung für den Transport finden! Ziemlich genervt ging ich erstmal zu meinem Zahnarzttermin - und zurück kam ich mit einem recht geräumigen Pkw-Anhänger, welchen mir meine Zahnärztin freundlicherweise ausgeliehen hatte. Der Anhänger hatte eine Grundfläche von 125x110cm.
Wir disponierten mal wieder um und planten nun, mit dem größtmöglichen Pkw und dem Anhänger Freitag früh um halb sechs Richtung Berlin aufzubrechen. Auf dem Anhänger sollten zwei Schränke des Rechners sowie die Eingeweide Platz finden. Im Auto sollten die etwas filigraneren Teile, wie Ringkernspeicher, Leiterkarten und Band- und Plattenlaufwerke, untergebracht werden.
Kurz nach neun kamen wir bei NILES an....und standen erstmal vor einer
Mauer. Jemand hatte in den vergangenen Tagen den uns bekannten Weg
in die Halle, durch die man zu der Rechenstation gelangte, zugemauert.
An der gegenüberliegenden Ecke der Halle war ein großes Tor (leider
verschweißt), aber eine kleine Tür mit einer recht hohen Metallstufe
war offen. Leider haben genau zu dem Moment davor Bauarbeiter Beton
gegossen, sodass wir das Auto mit dem Anhänger noch einige Meter entfernt
positionieren mussten.
In Rechnerraum fanden wir das angekündigte Chaos von der Demontage - und zwei Rechnerschränke, die noch viel zu schwer für
zwei Personen zum Abtransport über die Treppe waren - also hieß es die nächsten drei Stunden erstmal weiterschrauben...
Mit Hilfe eines kleinen Rollwagens, den wir in der Halle fanden, konnten die Komponenten Stück für Stück zu der Tür, hinter welcher unser Anhänger stand, transportiert werden. Als wir die Hälfte verladen hatten, kam ein Mitarbeiter der Abrissfirma zu uns und fragte, wieviel wir denn nun dafür bezahlen würden (er ging von einem Betrag im 3-stelligen Euro-Bereich aus) - was uns recht stark irritierte. Nach einiger Zeit kam ein anderer Mitarbeiter und relativierte diese Aussage wieder, worauf wir weiter die Gerätschaften verpackten und dabei jeden Kubikmillimeter des Autos ausnutzten. Gegen um 3 waren wird soweit fertig.
Im Gepäck waren:
Wir konnten bis auf eines (von dem wir die Karten zogen), alle Halbpaneele der beiden Rechner sowie 3 Kernspeicherkassetten retten. Weiterhin fast alle Interfacekabel, diverse Leiterkarten, 4 Türen, mehrere Lüfterbänke (erstaunlicherweise waren noch die original-Lüfter von 78 verbaut - sie haben also gehalten) und den komplett zerlegten Schrank der ISOT-Laufwerke.
Trotz aufwendiger Bemühungen mussten wir folgende Technik zurücklassen, die, so sie nicht in den nächsten Tagen gerettet wird, in den Schrott wandert:
Die zwei Lochbandleser, die wir gedachten mitzunehmen, erwiesen sich durch sehr starke Rosteinwirkung als versaut. Sie müssen in einer Pfütze gestanden haben und da drehte sich nichts mehr drin.
Hätten wir den Transporter gehabt, hätten wir versucht, alles, einschließlich dem kaputten ESER-Terminal (welches erstaunlicherweise vollständig auf TTL-Basis lief) einzupacken. Aber sicherlich hätte der Mensch von der Abrissfirma noch mehr Stress gemacht.
Nach dem Verzurren der Geräte auf dem Anhänger stellten wir fest, dass seine Räder nur noch ca. 2 cm hoch waren. Vorsichtig und mit
der Angst im Nacken ging's zur nächstgelegenen Tankstelle um sie wieder aufzupumpen. (sie sollten 2.4 At haben, hatten aber nur etwas unter 1 -
als er leer war, sah man's nicht und als ich ihn abends im Nieselregen geholt hatte, wollte ich damit nicht nochmal zu Tankstelle fahren.)
Aufgepumpt sah es schon besser aus - aber wir warteten noch eine Weile, da sie etwas warm waren. Vorsichtig ging es dann mit
maximal 80 Km/h die knapp 300 km nach Merseburg, wo Gerhard schon wartete.
Kurz nach 7 fingen wir mit dem Ausladen an. Erst, als es im Lager stand, wurde einem so richtig bewusst, dass es doch eine
ganze Menge Technik war (ca. 600Kg).
Demnächst wird mal analysiert, was wir haben, wie der Zustand ist und wie man das wieder zusammengebaut bekommt - sodass am
Ende ein vollständiger Rechner dasteht.
Fazit:
Besonderer Dank gilt: