Im Sommer hatten wir nun schon unter abenteuerlichen Umständen eine dieser mittlerweile recht seltenen Maschinen gerettet. Zum Jahreswechsel 06/07 schrieb mir ein Bekannter, welcher sich stark für den Erhalt interessanter, bedrohter Gebäude im Großraum Halle und Saalkreis einsetzt, eine Email. Kürzlich hatte er in einem kleinen stillgelegten Betrieb in der Innenstadt von Halle einen SECOP gefunden, der sich augenscheinlich in außerordentlich gutem Zustand befand.
Noch bevor sich ein neuer Begehungstermin des Objektes anbahnte, begannen wir darüber nachzudenken, wie wir das Gerät aus dem Gebäude und wohin wir es bringen konnten. Als Ziel kam die neu strukturierte Ausstellungsfläche der Abteilung Rechentechnik des Vereins "Sachzeugen der chemischen Industrie" auf dem Gelände der FH Merseburg in Frage. Die SECOP Maschinen waren die einzigen in der DDR gefertigten xerografischen Vervielfältigungsgeräte und obendrein mit einer Mikroprozessorsteuerung ausgerüstet. Einige Menschen erinnern sich sicherlich, an ihrem Arbeitsplatz eines der Geräte benutzt zu haben. Aus diesen Gründen erschien es uns sinnvoll, den Kopierer in den Ausstellungsbestand der SCI zu überführen.
Am Samstagvormittag (27.01.07) trafen sich nun fast ein Dutzend interessierte Leute in der Nähe der Konzerthalle, um sich den Gebäudekomplex der ehemaligen Kaffeerösterei, die dort seit 1834 stand, zu besichtigen. Mit dabei waren Vertreter der Halleschen Museen, Mitglieder eines Vereins, der sich mit der Geschichte der Kaffeeherstellung befasst, Architekten und Ralf vom Projekt "Leerstehende Baudenkmäler".
Bei der Begehung stellte sich ein Großteil der Gebäude als altersbedingt in sehr schlechtem Zustand dar. So waren in mehreren Gebäuden die Decken durchgebrochen oder die Dächer teilweise eingefallen. In anderen Gebäuden hatte die Feuchtigkeit erstaunliche Formationen von Schwämmen, Moosen und Pilzen erzeugt. Der Kopierer stand glücklicherweise im Erdgeschoss. Da er ein Gewicht von knapp 100 kg aufweist, hatten wir im Vorfeld Befürchtungen in Bezug auf die Tragbarkeit sowie die Stabilität von Fußböden und Treppen. Statt das sperrige Gerät über den Innenhof, der aufgrund 15-jährigen Buschwachstums schlecht begehbar war, zu transportieren, entwickelte Ronny die Idee, ihn direkt aus dem Fenster auf die Straße zu heben. Das ging auch, nur war es, da er ca. in Kopfhöhe raus kam, ein akrobatisches Wunder.
Im Gebäude standen weiterhin ein teilzerlegter Raduga Fernseher, ein Fernschreibgerät mit hölzernem Gehäuse (dieses ca. Kühlschrankgroße Gerät könnte mit dem, das die Sachzeugen bereits in Merseburg haben eine funktionierende Fernschreibverbindung demonstrieren), sowie eine nicht mehr ganz vollständige elektromechanische Fakturiermaschine.
Den Kopierer konnten wir zu zweit in den Kofferraum eines VW Scirocco verladen. Nur beim Auspacken in Merseburg wurde es dann knifflig, da man so tief nicht richtig greifen konnte. Der Kopierer musste im Auto mehrfach gedreht werden. Da im Gerät ein Silikonöltank ist, reagierte er auf das Schrägankippen mit dem Herauslaufen einigen Öls. Wir werden wohl dahingehend noch einigen Spaß bei der Reinigung haben...
Nachdem der Staub und der Rest des runtergekommenen Putzes abgewischt waren, erstrahlte die Maschine fast wie am Tag der Lieferung. Der Kopienzähler zeigte einen Wert von 57000 und das fotoaktive Medium, eine etwa 15cm durchmessende, selenbeschichtete Trommel schien sich in ausgesprochen gutem Zustand (weder Rost noch Streifen) zu befinden.
Laut einem fachkundigen Begleiter der Expedition war die Kaffeeröstung seit 1945 in dem Betrieb eingestellt und die Maschinen größtenteils demontiert worden. Bis 1980 arbeitete hier eine private Handelsgesellschaft und später bis zur politischen Wende 1989 die HO Konsum Halle. Sie benutzten die Gebäude als Büros und Lager. Seit 1990, als der Betrieb geschlossen und bis auf weniges beräumt wurde, etablierte sich keine neue Nutzung. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kopierer maximal 4 bis 5 Jahre in Benutzung war und nun seit 16 Jahren keinen Strom mehr gesehen hat. Mal schauen, ob wir den wieder zum Leben erwecken und irgendwann mal in einer Ausstellung vorführen können!
Besonderer Dank gilt Ralf Liebegott für die Information, das Ermöglichen der Rettungsaktion sowie fürs Anpacken!
Auf Tobias Kopiererseite www.secop.de finden sie weitere interessante Informationen rund um die knapp 100 kg schweren Geräte.
Bilder von der Rettungsaktion